»Deutschtürke sein ist nichts für Feiglinge«

Publik-Forum: »Deutschtürke sein ist echt nichts für Feiglinge.« Das schreiben Sie, Herr Daimagüler, auf Ihrer Facebook-Seite. Warum ist das so schwer?
Mehmet Daimagüler: Als Deutschtürke muss man sich derzeit rund um die Uhr erklären: »Wie hältst du es mit Erdogan?« Mein türkischer Gemüsehändler, der hier in Berlin Oliven und Paprika verkauft, muss das hundert Mal am Tag beantworten, bei jedem Kunden neu. Dabei erwarten alle, dass er sich im aktuellen Konflikt loyal zu Deutschland stellt. Die gleichen Kunden haben ihn aber oft gefragt, wann er zurück in die Türkei geht. Man erwartet also einerseits von den Deutschtürken eine totale Loyalität zur deutschen Gesellschaft – zählt sie aber anderseits selbst nicht dazu.
Geht Ihnen das auch so?
Daimagüler: Ja. Ich bin Deutscher und habe schon vor Jahren auf meinen türkischen Pass verzichtet. Aber weil ich Daimagüler heiße, werde ich trotzdem als Türke wahrgenommen und gedrängt, mich von dem Land zu distanzieren, in dessen Erde meine Eltern begraben sind. Bei Leuten, die aus Polen oder Ungarn stammen, erlebe ich das so nicht, dass sie sich von Kaczynski oder Orbán distanzieren müssen. Deshalb vermute ich, dass etwas mehr dahintersteckt.
Was denn?
Daimagüler: Wenn Leute, die sich sonst nie für Menschenrechte interessiert haben, jetzt lautstark auf Erdogan schimpfen, kann dahinter auch eine grundsätzliche Abwehr gegen eine veränderte Gesellschaft stecken. Wer die Türken hier ohnehin nie haben wollte, meint durch die Politik Erdogans und seine Ausfälle triftige Gründe zu haben, auf die Türkei und auf Türke

Weiterlesen mit Publik-Forum Plus:
- Alle über 20.000 Artikel auf publik-forum.de frei lesen und vorlesen lassen
- Die aktuellen Ausgaben von Publik-Forum als App und E-Paper erhalten
- 4 Wochen kostenlos testen
- Ergänzend zu Ihrem Print-Abonnement
- Alle über 20.000 Artikel auf publik-forum.de frei lesen und vorlesen lassen
- Die aktuellen Ausgaben von Publik-Forum als App und E-Paper erhalten
- 4 Wochen kostenlos testen
Was er jetzt macht, ist doch extreme Reformpolitik. Er hat sich gestern die Rückendechung für seine weitgreifenden Reformen geholt. Reformen in Richtung Kalifat. Und das ist es doch, was der Mehrheit der Türken in Deutschland (wie soll ich sonst Menschen bezeichnen, die einen türkischen Pass haben?) befürwortet hat. Sie wollen einen starken islamischen Führer, der mit
Hilfe der Todesstrafe und anderer Drohgebärden die verloren geglaubte Ehre wiederherstellt.
Mich wundert immer nur wieder, warum jemand bei Erhalt des deutschen Passes nicht, wie Sie, Herr Daimagüler, den türkischen als obsolet betrachtet.
Könnte es sein, dass die Propaganda Erdogans doch andockt, hier durch Geburtenüberschuss in den nächsten 50 Jahren ebenfalls ein Kalifat einzurichten und damit die verlorene Ehre wiederherzustellen?
Viele Indizien deuten darauf hin und der offene Hass von sog. Deutschtürken spricht Bände.