Der Letzte Brief (Vorsicht Satire!)
Gartenzwerge 2.0

Sehr geehrter Herr Dr. Winzigmann,
wie Sie selbst als Geschäftsführer einer Gartenzwergmanufaktur nur zu gut wissen, stagnieren oder sinken die Umsätze in Ihrer Branche seit Jahren. Der gewöhnliche Gartenzwerg oder »nanus hortorum vulgaris«, wie der Nanologe zu sagen pflegt, gilt im besten Fall als bieder und spießig, im schlimmsten Fall aber als Ausweis einer reaktionären Deutschtümelei. Dieses Image sollten Sie ändern, um neue Käufer im jüngeren und multikulturellen Publikum zu erschließen. Dabei können wir auf aktuelle Forschungen zurückgreifen, um ein zeitgemäßes Bild des drolligen Kobolds zu entwerfen. Denn das ikonografische Urbild des kleinen Mannes stammt, man höre und staune, aus Ostanatolien: Der deutsche Gartenzwerg ist also in Wahrheit ein Migrant, ein gut integrierter allemal! Produzieren wir also Gartenzwerge mit erdoganesken Gesichtszügen und der roten Mondsternflagge in der Hand, und die türkischen Kleingartenpächter werden Ihnen die Bude einrennen. Auch die Bezipfelung können wir ausschlachten für ein neues Bild vom Zwerg: Denn die rote Kopfbedeckung der Kurzgeratenen erinnert an die Jakobinermützen der Französischen Revolution. Ist der harmlose Vorgarten-Liliputaner in Wahrheit ein Revoluzzer? So sieht’s aus! Erschaffen wir also den Zwerg als vermummten Streetfighter und Widerstandskämpfer mit Pflastersteinen im Gepäck. Ein schönes Mitbringsel für linke Zeitgenossen! Das Ganze können wir noch weiterdrehen und den Black-Lives-Matter-Zwerg für den Hipster-Garten ins Auge fassen. Um aber auch die älteren Semester bei der Stange zu halten, können wir zusätzlich eine weniger politische Variante zum Thema Blackness entwickeln. Mir schwebt ein »nanus hortorum niger« mit dem Konterfei von Roberto Blanco

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