Gott preisen mit Donner

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»Born to be Wild« erklingt es am Samstag Nachmittag auf dem Domplatz in Bamberg. Die Band Bethlehem All Stars stimmt die Motorradfahrer mit ihren rockigen Klängen in den Gottesdienst ein. Ein Gottesdienst für Motorradfahrer. Schwere und leichte Zweiräder glitzern in der Sonne, und auf der Bühne begrüßt Pfarrer Wolfgang Eßel und die Motorradgemeinschaft Jakobus die angereisten Biker. So richtig interessant wird es, als der Pfarrer mitten in seiner Liturgie die Gottesdienstteilnehmer auffordert: »Lasst eure Maschinen das Halleluja singen!« Verblüfft beobachte ich, wie Motorradfahrer um mich herum aufspringen und mit stolzen Gesichtern auf ihre Maschinen zugehen. Den ersten Sound hört man von einer Enduro, die ein lautes, blubberndes »Halleluja« von sich gibt. Auch ich lasse mich von dem Enthusiasmus anstecken, mache meine Suzuki an und drehe wie hundert Andere am Gashahn. In meinen Ohren hat das Halleluja noch nie schöner geklungen! Und in der Bibel kommt Gott ja oft mit mächtigem Donner. Dabei beobachte ich die anderen Motorradfahrer mit ihren Bikes und stelle mal wieder fest: Alte und Junge, Männer und Frauen, gekleidet in Leder oder Textil, mit der neusten BMW bis hin zur Guzzi aus den 80er-Jahren. Ich vermute, hier sind vom Wirtschaftsboss bis zum Künstler alle Berufsfelder vertreten. Wir Christen wissen, dass alle Menschen vor Gott gleich sind - und unter uns Motorradfahrern sowieso. Ich fühle mich unter den anderen Motorradfahrern wohl und irgendwie behütet. Der Gottesdienst scheint sogar noch mehr Nähe zu schaffen. Angenehm finde ich auch, dass statt der Predigt ein Gleichnis erzählt wird: »Jesus war kein Mann großer Worte.« Es stellt sich mir die Frage: Nimmt Gott mich als Motorradfahrerin überhaupt wahr? Und wirklich, während des Gottesdienstes bekomme ich Antworten. Wenn ich mit meinem Motorrad fahre, muss ich nur aufmerksam sein, dann höre ich Gottes Wort und sein leises Säuseln im Wind. Ganz so wie es einst der biblische Prophet Elija hörte. Denn beim Motorradfahren habe ich Zeit zuzuhören. Und mir wird von Pfarrer Eßel vor dem Bamberger Dom auch erzählt: »Werdet Schlecht-Wetter-Biker. Der Regen ist für euch Weihwasser von höchster Stelle!« Meine Mitfahrer nicken zustimmend. Ab jetzt werde ich an diese Worte denken. Und wenn ich mal wieder in einen Regenschauer gerate, nehme ich mir Zeit, diesen zu genießen.
