»Lust geht, Nähe kommt, Versprechen bleibt«

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Doris Christinger
Auf den Schwingen
weiblicher Sexualität
Knaur 87158. 7,90 EUR
Lonnie Barbach
Mehr Lust
Wunderlich 26424. 5 EUR
Shmuley Boteach
Koscherer Sex
Herder Spektrum 5323. 9,90 EUR
Dirk Ludwigs
Beziehungsweise Sex
dtv 20550. 9 EUR
Astrid-Christina Richtsfeld
Glücksfaktor Sex
rororo 61390. 9,90 EUR
Philip Thoshio Sudo
Zen-Sex
dtv 20510. 9 EUR
Wilfried Wieck
Die Erotik des Mannes
Kreuz. 284 Seiten. 19,90 EUR
Pat Zapletal/Martin Kubesch
Sexercising
Ueberreuter. 143 Seiten. 22,95 EUR
Glücksfaktor Sex? Wenn das so einfach wäre. Wenn Paare ihre Sexualität leben und gestalten wollen, brauchen sie heute viel Kraft, um der Sexualität in ihrem Leben überhaupt die Ehre zu geben. Wenn sexuelles Miteinander nur noch auf die frühmorgendlichen und spätabendlichen Randstunden eingedampft ist, ist es mit dem Glücksfaktor Sex schon nicht mehr zu besten bestellt. Nicht, dass jeder und jede Sex haben müsste und dies in bestimmter Quantität und Qualität. Wer die Chance hat - und das Vergnügen, Sexualität mit sich und einem anderen Menschen zu leben und zu erleben, hat auch die Chance, eine Quelle der Intimität, des Wohlbefindens und des Glücks sprudeln zu lassen. Also doch: »Glücksfaktor Sex«? Astrid-Christina Richtsfelds gleichnamiges Buch wirkt zunächst zeitgeistig aufgesetzt. Doch tatsächlich verbindet das Buch gekonnt aktuelles Wissen, ganzheitliche Wahrnehmung und praktische Hinweise. Für dieses wie für andere Bücher über Sex gilt: Die Sprache ist heute locker, direkt, anschaulich und spaßbezogen. Lonnie Barbachs Klassiker »Mehr Lust« über die gemeinsame Freude an der sinnlichen Liebe wurde zu Recht dieses Jahr neu aufgelegt. Die kommunikative Qualität und die sexuelle Kompetenz der Partner werden Hand in Hand erweitert. Dirk Ludwigs legt aus schwuler Sicht in »Beziehungsweise Sex« gelegentlich gute Anregungen, gelegentlich auch nicht zu Ende gedachte Hinweise vor. Wichtig sein Statement: »Eine erfüllte Sexualität in einer Partnerschaft ist nicht das Maß der Liebe.« Entscheidend ist: »Lust geht, Nähe kommt, Versprechen bleibt!« Es geht also um Vertrauen, wenn es um Sexualität geht. Deshalb muss aber keineswegs dem Lustschwund mit Resignation begegnet werden. Ein »Coming-out für Paare« ist fällig, bei dem die Partner offener, ehrlicher und zugewandter ihr Sexualleben verändern. Dabei können auch Übungen hilfreich sein, wie sie sich in »Sexercising« von Pat Zapletal und Martin Kubesch finden. Manche mögen das komisch finden. Doch bei mangelnder Fitness und Kondition macht Sex wenig Spaß und wird dann schnell aufgegeben. Zugleich hält Sex fit und lebendig. Wichtiger jedoch als die körperliche Fitness ist die mentale Haltung. Sex beginnt im Kopf. Daher kann es hilfreich sein, Sexualität immer wieder mal von einem anderen Blickwinkel aus zu betrachten. »Koscherer Sex« von Shmuley Boteach bietet da sicher die größte Überraschung, ist doch nur Wenigen geläufig, wie sich Sexualität aus der Sicht eines Rabbi darstellt. Das Ziel jüdischer Sexuallehre heute: die emotionale Intimität eines Paares durch körperliche Intimität zu fördern und zu stärken. Bei klaren ethischen Perspektiven geht es innerhalb eines jüdischen Paares sexuell erstaunlich locker zu, zumindest lockerer, als dies in evangelischen oder katholischen Sexuallehren anzutreffen ist, was ja nicht unbedingt der Realität entsprechen muss. Für Rabbi Boteach ist auch das Vertrauen ausschlaggebend, das nicht durch so genannte freiwillige Einverständnisse in den beliebigen Gebrauch oder die Verstümmelung eines Körpers durch den Partner missbraucht werden darf. Philip Toshio Sudos »Zen-Sex« bleibt demgegenüber eigentümlich blass, unkonkret, mit beiläufigen Zuspitzungen. Zen und Sex zu verbinden ist sicher reizvoll, aber es reicht nicht, nur ganzheitliche Atmosphäre zu verbreiten. Da kann Doris Christinger klarer und hilfreicher aus der tantrischen Tradition schöpfen und Frauen eine Art Liebesschule »auf den Schwingen weiblicher Sexualität« präsentieren. Das Pendant dazu ist Wilfried Wiecks Buch über »Die Erotik des Mannes«, ein Vermächtnis des viel zu früh gestorbenen Männertherapeuten. Was Christinger für die Frauen, will Wieck für die Männer erschließen: die erotische Dimension der Leiblichkeit, denn ohne sie bleibt die Sexualität nur Sex und die Liebe unsinnlich. Dazu müssten Männer eine Reihe von Vorurteilen verlernen. Und auch hier ist noch tiefer als zuvor der Schlüssel zum Vertrauen, der Schlüssel zu partnerschaftlicher Sexualität, die Freude macht: Verstehen. Einander und sich verstehen lernen. Sich wirklich auf den anderen verstehen, auch und gerade in der Sexualität.
