Wenn Inhalte wichtiger sind als Konfrontation

Jeden Monat lädt Friedrich Schorlemmer zu der Reihe »Lebenswege« in die Evangelische Akademie Wittenberg ein. Aus diesen Abenden ist nun zum zweiten Mal ein Buch entstanden. Dokumentiert sind darin Gespräche mit 5 Frauen und 17 Männern. Dieses Ungleichgewicht ist vor allem deshalb unverständlich, weil gerade das Gespräch mit Hildegard Hamm-Brücher von der FDP »Ich habe immer als erste Frau das Eis gebrochen« mit zu den Höhepunkten des Bandes gehört. Neben anderen politischen Größen wie Rita Süßmuth (CDU) und André Brie, dem Wahlkampfleiter der PDS, finden sich auch Intellektuelle wie der iranische Exilschriftsteller Said und der Ostdeutsche Erich Loest. Schorlemmer hebt sich mit seinem Gesprächsstil bewusst ab von vielen Talk-Shows, ihm sind Inhalte wichtiger als Konfrontation. Bei kontroversen Themen wird dieser Vorteil leider ein Nachteil, Schorlemmer bleibt dann eher blass. Er neigt zum Taktieren und fordert seine Gesprächspartner in der Sache einfach zu wenig heraus. Besonders deutlich wird das im Gespräch mit André Brie. Die spannendsten Fragen kommen hier nicht von Schorlemmer, sondern vom Wittenberger Publikum.