»Dass der Papst das Wirken Jesu im Alten Testament verankert, freut mich sehr.« Fragen an die jüdische Theologin Ruth Lapide
Publik-Forum: Der Papst plädiert in seinem Jesus-Buch leidenschaftlich für eine bewusstere Verankerung des Christentums im Alten Testament. Ist das so etwas wie eine rückwirkende Vereinnahmung des Judentums für den Christus des Glaubens?
Ruth Lapide: Ich habe große Sympathie für dieses Jesus-Buch von Joseph Ratzinger, möchte aber da und dort widersprechen. Selbstverständlich ist das Christentum im Alten Testament verankert. Wenn wir auf die alttestamentlichen Bezüge verzichten müssten, könnten wir Jesu Verkündigung nicht verstehen. Schließlich lebte, verkündete, litt und starb der Nazarener im Geiste des Alten Testaments. Was zum Widerspruch reizt, liegt letztlich darin begründet, dass die Evangelien ja erst 40 bis 70 Jahre nach der Kreuzigu