Liebeserklärung an das Schweigen

Tanzende Schneeflocken, die flackernde Flamme des Tabernakels, Wassertropfen am Rand einer Schale, rosafarbene Schleierwolken am Sommerhimmel - so wird Stille sichtbar: die große Stille der Grande Chartreuse bei Grenoble, dem Mutterkloster der Kartäuser-Mönche. Sechzehn Jahre musste Regisseur Philip Gröning auf die Dreherlaubnis warten, dann durfte er seinen Traum erfüllen und das Dokument eines Lebens filmen, das sich jenseits von Raum und Zeit in einem schweigenden Nirgendwo zu vollziehen scheint. Entstanden ist dabei ein poetischer Bilderreigen, bei dem jede einzelne Einstellung für die Ewigkeit geschaffen scheint - besser: bei dem jedes Bild von der Ewigkeit Gottes kündet und dessen Schönheit sichtbar macht. »Die große Stille« ist eine zweieinhalbstündige Meditation im Medium des Films. Von der ersten bis zur letzten Minute atmet der Film den Geist der Kartause: in der Langsamkeit der Schnitte, in der Achtsamkeit des Blickes, in dem Respekt vor den Mönchen, die sich der wohl strengsten Ordensregel der Christenheit verschrieben haben. Voller Zärtlichkeit streicht die Kamera über diese radikale Gegenwelt zu allem, was den modernen Alltag ausmacht: eine Liebeserklärung, nicht allein an die große Stille der Kartause, sondern auch an das Leben jenseits der Klostermauern, an dessen vergessene Tiefe und einfache Wahrheit sie erinnert. Wer sich auf diesen Film einlässt, wird von ihm nicht unberührt bleiben. Ihn anzuschauen, ist eine spirituelle Erfahrung der besonderen Art, die die Welt mit neuen Augen sehen lässt. Von daher ist es ein Geschenk des Himmels, dass »Die große Stille« nun als DVD erhältlich ist.