»Mädchen oder Junge?«
Die meisten von uns geben keine Interviews. Ich kenne viele, die niemandem erzählen, dass sie intergeschlechtlich sind, manchmal weiß das nicht einmal ihr Partner. Es ist ein schwieriges Thema, sehr persönlich und immer auch unter der Gürtellinie. Fragen zu meiner eigenen Körperlichkeit beantworte ich deshalb grundsätzlich nicht.
Ich finde mich so, wie ich bin, okay. Ich habe auch nie gesundheitliche Probleme gehabt. Das liegt aber mit daran, dass ich nicht in die Mangel der Medizin geraten bin: Ich war zwar körperlich auffallend, aber meine Eltern waren damals vorrangig mit anderen Dingen beschäftigt. So hatte ich Glück, dass ich nicht operiert wurde und auch den Hormontherapien von der Schippe springen konnte. Damit bin ich eine große Ausnahme.
Vom Gerede über das dritte Geschlecht halte ich gar nichts. Für mich ist Geschlecht ein Spektrum von Körperlichkeiten – jede Person hat männliche und weibliche Aspekte in sich, die einen mehr, die anderen weniger. Die Medizin hat Standards für das, was als gesund gilt und wie ein Körper auszusehen hat: So gilt ein XY-Chromosomensatz an einer bestimmten Stelle als Zeichen für einen Mann; befindet sich dort ein XX-Chromosomensatz, handelt es sich demnach um eine Frau. Aber bei manchen Personen gibt es da ein Mosaik – oder ein Körperteil hat eine andere Ausprägung als ein anderer.
Intergeschlechtlichkeit hat ganz viele Formen! Wie viele Intergeschlechtliche es überhaupt gibt, ist eine oft gestellte Frage. In den Medien kursiert für Deutschland die Zahl 100 000; etwa jedes tausendste Kind wird dazugezählt, in Frankreich dagegen jedes fünfhundertste. Offensichtlich gibt es also sogar unterschiedliche Definitionen.
Eine unserer Hauptforderungen im Verband Intersexuelle Menschen ist ein gesetzlicher Schutz der Kinder vor Geschlechtszuweisungen. Wenn sie dann als 18-Jährige etwas ändern wollen, sollen sie das selbst entscheiden. Grundsätzlich muss das Recht auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit festgeschrieben werden! Viele Probleme entstehen aus meiner Sicht erst dann, wenn operativ in den Körper eingegriffen wird oder es zur Fehlbehandlung mit Hormonen kommt. Eine Person, die ich kenne, wurde intensiv mit Östrogenen behandelt und hat jetzt Krebs, massive Stoffwechselprobleme und eine vergrößerte Schilddrüse.
Am schlimmsten ist es, wenn

Weiterlesen mit Publik-Forum Plus:
- Alle über 20.000 Artikel auf publik-forum.de frei lesen und vorlesen lassen
- Die aktuellen Ausgaben von Publik-Forum als App und E-Paper erhalten
- 4 Wochen kostenlos testen
- Ergänzend zu Ihrem Print-Abonnement
- Alle über 20.000 Artikel auf publik-forum.de frei lesen und vorlesen lassen
- Die aktuellen Ausgaben von Publik-Forum als App und E-Paper erhalten
- 4 Wochen kostenlos testen