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Die ihr ihn fürchtet

von Maria Handschuh-Bauer, Riegelsberg/Saar
vom 20.05.2020
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Dich loben Gott
ich hab es gelernt
als höchste Pflicht
mit heiliger Scheu
mit Bangen
und guter Zensur

Gelernt das Wie
gelernt das Warum
Sätze
wie das Einmaleins
wie die Formeln der Mathematik und Chemie

Lobe ihn bete ihn an
denn er ist groß
allmächtig und stark
Lob ihn im Staub
Er schaut dir ins Herz
zieht das Verborgene
sicher heraus mit eiserner Hand
Dir zum Heil und zur Sühne
hält er Gericht
und du wirst ihm nimmer entgehn
Lob ihn
Du weißt
wie so viele
zu spät vor ihm in den Staub sich gelegt
diesen vermischend
mit Tränen vergeblicher Reue

So wardst du Gott mir erwiesen
Und ich lobte
erbebend vor Angst
deinen Namen in frommer Gemeinde

Doch dann schrie der Mund
schrie das Herz
als die Rechnung nicht aufging
und der Erweis

Warum

Warum gerade jetzt
bei mir
bei uns
bei dem gerechten geliebten Menschen

Warum das Elend so weit das Auge reicht

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Und es verstummte der Mund
wurde kälter das Herz

Sicher und laut ertönte die Antwort
geschöpft aus dem Vollen
Lehre aus Kompetenz
gesprochen über Gräbern
in weinende wunde Gesichter

Ich las sie rechts oben
in der Annonce der Freunde
als der Tod gesiegt
nach elender Krankheit des Kindes
»Gott hat es anders gewollt«
und erinnerte mich
dass der Vater
Wochen zuvor
am Krankenbett
leise geflüstert
»Gott will es anders
Er straft mich ich hab es verdient
Jetzt präsentiert er die Rechnung«

Da hab ich gespürt
die Leere des Kopfes des Mundes der Hände
und habe begonnen
dir für die Leere zu danken

Denn in diese leeren zitternden Hände
und in das Schweigen das keine Zeit mehr erkennt
legtet ihr
zaghaft und leise
ganz langsam
über Tage und Wochen
das Kostbarste was euch geblieben
euer kleines verwundetes weinendes Herz

So magst du
vielleicht
mit der Zeit
in dem Schweigen
langsam und zaghaft
endlich befreit
mit menschlichen Zügen
ihnen
und mir
noch einmal
ganz anders
erstehn

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Alle Beiträge des Erzählprojektes »Die Liebe in Zeiten von Corona«

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