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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 7/2024
Der Inhalt:
Leben & Kultur

Deutsche Geschichte
Geschichten seltener Treue

Christliche Dienstmädchen wurden in jüdischen Haushalten oft so gut behandelt, dass sie als »verwöhnt« galten. Dafür hielten viele fest zu »ihren« Familien, sogar in der Nazizeit, als das längst verboten war.
von Kirsten Serup-Bilfeldt vom 20.04.2024
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Teil der Familie: Kinderfrau Gretchen posiert mit den Jüngsten der Familie Diamant 1934 im Garten für ein Foto. (Foto: United States Holocaust Memorial Museum, mit freundlicher Genehmigung von Schlomo Diamant)
Teil der Familie: Kinderfrau Gretchen posiert mit den Jüngsten der Familie Diamant 1934 im Garten für ein Foto. (Foto: United States Holocaust Memorial Museum, mit freundlicher Genehmigung von Schlomo Diamant)
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London. Ein Sommertag Ende der 1940er-Jahre. Am Bahnhof Victoria steigt eine kleine alte Frau aus dem Zug und sieht sich zögernd um. In einer Hand trägt sie ein abgeschabtes Köfferchen, die andere umklammert einen Zettel, auf dem eine Adresse notiert ist. Englisch spricht sie nicht, aber irgendwie schafft sie es, ein Taxi zu nehmen und ans Ziel zu gelangen – ein Haus in einem Londoner Vorort. Dort betätigt sie den ihr ungewohnten Türklopfer. Eine Dame öffnet. »Anna«, ruft sie fassungslos. Die beiden fallen sich in die Arme und weinen.

Es ist kein Familientreffen, das sich hier ereignet, sondern ein Wiedersehen von Dienstmädchen und »Herrschaft«, wie das damals hieß. Da kommt die über 70-jährige Anna aus Deutschland angereist, um ihre nach England emigrierte jüdische »Herrschaft« wiederzusehen, b

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Karl-Heinz Haid 10.05.2024:
Leider wird heute der Kontakt zwischen Juden und Deutschen fast ausschließlich auf die NS-Zeit und den Holocaust bezogen und also negativ gesehen. Und hätte nicht Professor Friedrich Georg Friedmann ein halbes Jahrhundert nach dieser Zeit seine Dienstmädchen-Geschichten gesammelt, wären auch diese heute vergessen. Vielen Dank, dass Publik-Forum sie in Erinnerung ruft. Wie diese »außergewöhnliche christlich-jüdische Beziehung« zustande kam, ist zwar »nicht wissenschaftlich erforscht«, aber man kann vermuten: Humanismus und Aufklärung brachten zwischen 1812 (Preußen) und 1871 (Deutsches Reich) die Gleichberechtigung der Juden. Diese trugen dann nicht unwesentlich zur Industrialisierung bei, kamen zu Achtung und Wohlstand und konnten sich ein Dienstmädchen leisten. Aber warum ein christliches? Nun, am Schabbat konnte man von keinem Juden und keiner Jüdin verlangen, auch nur eine Kerze anzuzünden. Ein christliches Mädchen war von dem religiösen Arbeitsverbot nicht betroffen, es konnte auch am Schabbat kochen und im Winter den Ofen heizen. Umgekehrt brachten diese Dienstmädchen jüdische Kultur in den deutschen Haushalt: den Frühjahrsputz vom Passahfest, das sonntägliche Zopfbrot vom Schabbat oder die Gartenlaube vom Laubhüttenfest, ja sogar den Fasnetbrauch, dass maskierte Kinder in kleinen Gruppen von Haus zu Haus gingen, Sprüche aufsagten und Gaben einsammelten, wie er in meiner Kindheit noch bestand und der wohl vom Purimfest stammt.

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