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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 10/2023
Der Inhalt:

Kino-Tipp
Ein Zuhause auf schwankendem Boden

von Birgit Roschy vom 26.05.2023
Die Heldin im Film »A Thousand and One« hat kaum eine Chance, dennoch berappelt sie sich immer wieder: Einer der vielschichtigsten Frauencharaktere, die in letzter Zeit im Kino zu sehen waren, findet unsere Rezensentin.
Sehnsucht nach Sicherheit: Inez will dem sechsjährigen Terry ein Zuhause geben (Foto: 2022 eOne Features LLC via filmstarts.de)
Sehnsucht nach Sicherheit: Inez will dem sechsjährigen Terry ein Zuhause geben (Foto: 2022 eOne Features LLC via filmstarts.de)

Kino. Die 22-jährige Inez ist ziemlich weit unten angekommen. Gerade aus dem Gefängnis entlassen, versucht sie mit aller Kraft, sich wieder zu berappeln. Ohne Job und festen Wohnsitz, nimmt sie dennoch den sechsjährigen Terry zu sich. Das Kind, von einer Pflegefamilie zur nächsten durchgereicht, wird ihr Ein und Alles, während ihr Partner Luke meist nur Ärger macht. Inez will Terry jenes Zuhause bieten, das sie selbst nie hatte. In diesem gefeierten Debütfilm wird eine afroamerikanische Frau porträtiert, deren Leben ein Tanz auf dem Drahtseil ist, die strauchelt und sich wieder fängt. Zweiter Hauptdarsteller ist New York, oder vielmehr der Stadtteil Harlem in den Zeiten der Gentrifizierung. In der von 1994 bis 2005 spielenden Handlung geht es auch darum, wie der damalige Bürgermeister Rudy Giuliani die Metropole umkrempelte und Polizeimethoden einführte, durch die besonders Afroamerikaner diskriminiert wurden. Je mehr Baustellen in ihrer Straße wachsen, umso mehr wird Inez bewusst, auf welch schwankendem Boden sich das kleine Nest, das sie zwischenzeitlich für sich und Terry errichtet hat, befindet. Ohne Elendsvoyeurismus oder erhobenen Zeigefinger werden in dieses Drama aktuelle Themen eingewoben und die Fallstricke einer von strukturellem Rassismus und Misogynie geprägten Gesellschaft aufgezeigt, in der viele Menschen kaum eine Chance haben. Ihre emotionale Wucht gewinnt diese Geschichte aber durch die ambivalente Heldin, die – voller Wut und doch verletzlich – einer der vielschichtigsten Frauencharaktere ist, die im Kino in letzter Zeit zu sehen waren.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 10/2023 vom 26.05.2023, Seite 55
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