Leserbrief
Gerechtigkeitsbeschaffer
Zu: »Braucht es noch das Papstamt?« (9/2025, Seite 8-9)
Im Pro und Contra wird die Notwendigkeit eines Papstes diskutiert. Die richtigere Frage wäre dagegen, ob es denn EINE Person sein muss oder ob es nicht eine Institution von mehreren Personen sein sollte. Um den Vergleich aus einem ganz anderen, wichtigen Bereich zu verwenden: das Bundesverfassungsgericht besteht aus mehreren qualifizierten Personen und ist damit für seine (ebenfalls schwierige) Aufgabe weit besser gerüstet. Johannes Bickel, Berlin
Als Protestant bin ich eigentlich froh, dass sich über meinem Landesbischof keine ausufernde Hierarchie bis hin zu Gott befindet. Wer Macht hat, ist immer auch bedroht, sie zu missbrauchen. Das Unfehlbarkeitsdogma von 1870 ist ein Schuss gegen sich selbst, den die Kirche vermutlich bereut hat und gern wieder loswürde. Es macht das Papsttum zum anachronistischen Amt, wie Christoph Fleischmann treffend formuliert. Andererseits sehe ich einen Papst, wenn er Qualitäten wie Johannes XXIII. oder Franziskus hat, als wertvolle Integrationsfigur und Friedens- und Gerechtigkeitsbeschaffer an. Leo XIV. könnte in den turbulenten USA segensreich Menschliches vermitteln. Nach meiner unmaßgeblichen Sicht ist nicht der Papst, sondern die Kurie das Hauptproblem der katholischen Kirche. So lange diese auch einen progressiven Papst auflaufen lassen kann, werden auch die für mich brennendsten Probleme, der Zölibat und die fehlende Frauenordinierung, der katholischen Kirche weiter Schaden zufügen. Hans Erich Müller, Mühlhausen
