Kino: »Im Prinzip Familie«
Liebeserklärung an den Erzieher-Beruf

Kino. »Mama, ich will, dass du kommst«, so lautet das Mantra der Kinder in diesem Dokumentarfilm. Doch die Mütter sind oft nur telefonisch erreichbar, manchmal nicht mal das. In einer einjährigen Langzeitbeobachtung wird in diesem preisgekrönten Film das Zusammenleben von fünf kleinen Jungs mit ihren Betreuern in einer Jugendhilfe-Wohngruppe im ländlichen Brandenburg skizziert. Ein idyllisch an einem See gelegenes Haus dient als temporäre Unterkunft für Kinder von sieben bis 14 Jahren, deren Eltern, meist alleinerziehende Mütter, nicht für sie sorgen können. Im Schichtwechsel versuchen Erzieher und Erzieherinnen den Kids eine Atmosphäre von Stabilität und Geborgenheit zu vermitteln. Sie fahren sie im Kleinbus zur Schule, machen Ausflüge, kochen, reden, ermahnen, ermutigen. Und trösten, wenn, wieder einmal, Eltern vergeblich auf sich warten lassen. Obwohl die Schilderung äußerst diskret ist, sind viele Szenen herzzerreißend. Im Zentrum stehen Niklas, der seit fünf Jahren in der Einrichtung lebt, und Kelvin, der kamerunische Wurzeln hat und auch aufgrund rassistischer Erfahrungen nicht weiß, wo er hingehört. Mit seinen Wutanfällen droht er sich alle Chancen zu verscherzen. Im Tauziehen zwischen Jugendamt und Eltern kämpfen die Betreuer hartnäckig um das Wohlergehen ihrer Schützlinge. Dabei stehen die in abstraktem Amtsdeutsch abgefassten Dienstberichte, im Off gelesen, in groteskem Kontrast zu den realen Emotionen in der täglichen Arbeit. Trotz aller Herausforderungen erweist sich der Film als unsentimentale Liebeserklärung an den Erzieherberuf und als Hommage an jene meist unsichtbaren Menschen, die mit Geduld und Liebe den ihnen anvertrauten Kindern helfen, der Spirale von Gewalt und Vernachlässigung zu entkommen.
Im Prinzip Familie (D 2025). Film von Daniel Abma, 91 Min. o. A.
