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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 4/2020
Der Inhalt:

Völkische Ideologie und rechter Terror Hand in Hand

von Alexander Schwabe vom 21.02.2020
Zwischen dem Skandal im Thüringer Landtag und dem Anschlag von Hanau gibt es einen inneren Zusammenhang
Zwei Seiten einer Medaille: rechte Gesinnung und nationalistischer Terror (Foto: pa/Martin Erl)
Zwei Seiten einer Medaille: rechte Gesinnung und nationalistischer Terror (Foto: pa/Martin Erl)

Gerade erst gab es allen Grund, bestürzt zu sein, weil die Demokratie in Gefahr ist. Die Rechtsnationalisten der AfD hatten im Landtag von Thüringen den Parlamentarismus verhöhnt, indem sie die Wahl einer Regierung chaotisierten. Parteien der Mitte, CDU und FDP, wirkten daran höchst fahrlässig mit. Nur zwei Wochen später zeigt sich erneut, dass die Grundfesten des Gemeinwesens angegriffen sind wie seit dem Ende der Nazi-Diktatur vor 75 Jahren nicht mehr. Jetzt ist der Grund noch erschütternder, denn die Attacke war brutal und mörderisch. Sie reiht sich ein in den Horror der vergangenen neun Monate: die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle, nun das rassistisch motivierte Massaker von Hanau. Nur wenige Tage zuvor war ein rechtsterroristisches Netzwerk ausgehoben worden, das Anschläge auf Moscheen und Politiker geplant hatte.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 04/2020 vom 28.02.2020, Seite 10
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Allein diese Serie zeigt, wie sehr sich gewaltbereite Ideologen breit gemacht haben und in Erscheinung treten. Sie konnten dies, weil es zwischen dem Vorgang im Landtag zu Erfurt und den rassistischen und antisemitischen Morden einen inneren Zusammenhang gibt, an dem seit Langem gewebt wird. Und der immer fester und weiter wird, weil Gutbürgerliche in der Mitte der Gesellschaft das Gedankengut der Rechtsnationalisten, deren Ängste und Wahnvorstellungen, deren reduktionistisches Weltbild stillschweigend tolerieren, wenn nicht gar mehr oder weniger offen befürworten. Sympathisanten und Akteure einer völkischen menschenverachtenden Ideologie gibt es in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft: in der Bundeswehr, innerhalb der Polizei, in der Justiz, unter Lehrern, in Vereinen, sogar – und das ist komplett irrsinnig – unter Christen. Die rechte, völkische Gesinnung, wie sie überall wabert und sich inzwischen in Parlamenten manifestiert, und die rechtsterroristischen Anschläge auf die Mehrheitsgesellschaft sind zwei Seiten einer Medaille.

Der extreme Flügel der AfD und auch die, welche in ihr vorgeben gemäßigt zu sein und ihn gleichwohl dulden, sind geistige Brandstifter. Sie wollen die Gesellschaft aktiv destabilisieren oder nehmen dies in Kauf, um das Vertrauen der Bürger in den Staat zu erschüttern. Sie zielen auf Tumult, um letztlich die Macht zu ergreifen. Dabei gibt es keinen Helden, der die Truppen gegen die Demokratie führen würde. Die Zersetzung läuft schleichend. Wenn das System geschwächt genug ist, dann kann – und wird – sich ein Führer erheben. Niemand in der AfD kann noch als Demokrat verstanden werden, solange die Partei anfällig ist für ein weltverschwörerisches und faschistisches Weltbild oder aktiv daran arbeitet. Sie muss sich klar zu einer unverbrüchlichen Übereinstimmung aller wahren Demokraten bekennen: Demokratie heißt Partizipation aller gesellschaftlichen Gruppen. Sie heißt, aus der Geschichte lernen und nicht sie umzuschreiben. Sie heißt, in einer offenen Gesellschaft sein Leben frei gestalten zu können. Sie heißt, die Menschenwürde eines jeden, egal welcher Herkunft, zu achten. Niemand ist Demokrat, solange er einem Demokratieverständnis frönt, das sich darin erschöpft, Partialinteressen mit »Wir sind das Volk« zu verbrämen.

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Die aggressiven und verlogenen Kampagnen der AfD in den sozialen Netzwerken zeigen, dass ihr an all dem nicht gelegen ist. Diese Partei verbreitet kontinuierlich Lüge und schürt systematisch Hass. Sie manipuliert die Öffentlichkeit auf bösartige Weise.

Es ist genauer zu untersuchen, ob die AfD und Gruppierungen wie Pegida zuerst ein geistiges Klima schaffen, in dem sich dann einsame, rechtsradikale Wölfe auf ihre mörderischen Streifzüge machen, sich plötzlich verstanden fühlend und aus diesem Solidaritätsgefühl Kraft schöpfend. Oder ob umgekehrt die AfD der politische Arm eines längst gefestigten rechtsextremen Terrornetzwerks ist. Doch egal wie der Ursachen-Wirkungs-Zusammenhang ist: nationalistische Propagandisten und Hetzer und rechtsradikale Terroristen marschieren Hand in Hand.

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Georg Lechner 28.02.2020, 12:04 Uhr:
Das Netzwerk wird schon seit dem 2. Weltkrieg geknüpft - und immer sind Teile des Großkapitals daran beteiligt (in letzter Zeit besonders im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Daten aus den Plattformen wie Facebook), oft auch Geheimdienste.