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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 10/2020
Der Inhalt:
Politik & Gesellschaft

Pro und Contra
Atomwaffen raus aus Deutschland?

vom 26.05.2020
Pro und Contra: 2010 hat der Bundestag fraktionsübergreifend für einen Abzug der US-Atomwaffen aus dem Bundesgebiet gestimmt – dennoch lagern diese Waffen noch immer im rheinland-pfälzischen Büchel. Nun hat die SPD erneut eine Debatte darum angestoßen. Sollten die Nuklearwaffen aus Deutschland abgezogen werden?
Wie lange noch? Atomwaffenlager in Büchel (Foto: Screenshot ZDF)
Wie lange noch? Atomwaffenlager in Büchel (Foto: Screenshot ZDF)

Norbert Walter-Borjans:

Ja, das erhöht unsere Sicherheit!

Vor zehn Jahren hat sich der Deutsche Bundestag für den »Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland« ausgesprochen. So steht es in einem gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Dieser Abzug müsse Teil eines neuen strategischen Konzepts der Nato sein, »die Rolle der Nuklearwaffen in der Nato-Strategie zurückzuführen.«

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 10/2020 vom 29.05.2020, Seite 8
»Die Zeit läuft uns weg«
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Ein Gespräch mit Georg Bätzing
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Heute müssen wir leider feststellen, dass die USA als Führungsmacht der Nato anders handeln. Mit der »Nuclear Posture Review« vom Februar 2018 setzt der amerikanische Präsident auf die Entwicklung neuer, kleinerer Atomwaffen, die im Falle eines Krieges in Europa früh und flexibel eingesetzt werden sollen. Diese Entscheidung des amerikanischen Präsidenten macht die Sicherheit unfriedlicher und den Frieden unsicherer.

Politische und militärische Strategien, die den Einsatz von Atomwaffen zur Kriegsführung vorsehen, sind eine konkrete Bedrohung und richten sich gegen die Interessen der Menschen in Deutschland und Europa. Wenn diese Atomwaffen nicht mehr in Deutschland stationiert sind, erhöht das unsere Sicherheit. Denn diese Waffen sind für uns Deutsche keine Beruhigung, sondern Anlass zu Beunruhigung und großer Sorge. Die Debatte darüber ist überfällig. Die unterschiedlichen Vorstellungen von der Erreichung des gemeinsamen Ziels, den Frieden zu sichern, sind es wert, in gegenseitigem Respekt abgewogen zu werden. Es gibt keinen Grund, den einen Naivität und den anderen Kriegsversessenheit vorzuwerfen.

Für mich bleibt es dabei: Eine SPD in der Tradition der Politik von Willy Brandt und Helmut Schmidt für Frieden und Verständigung muss konsequent das Ziel verfolgen, dass möglichst bald keine US-Atomwaffen mehr in Deutschland stationiert sind.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann:

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Nein, das wäre unverantwortlich!

Eine Abkehr von der nuklearen Teilhabe wäre eine schwere Belastung für Deutschlands internationale Verlässlichkeit. Diese Forderung, die insbesondere von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich vehement vorgetragen wird, ist das falsche Signal zur falschen Zeit. Der Dauerstreit in der Großen Koalition über die Außen- und Sicherheitspolitik schadet Deutschlands Ansehen in der Welt.

Es ist naiv zu glauben, dass Deutschland nach einem Abzug der US-Atomwaffen den gleichen Einfluss auf die Nuklearstrategie der Nato haben würde wie zuvor. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die transatlantische Allianz unter Druck steht, muss Deutschland seine Verantwortung im Bündnis wahrnehmen. Dazu gehört neben einer abgestimmten Kommunikation der regierungstragenden Fraktionen in der Außen- und Sicherheitspolitik auch eine zeitnahe Entscheidung über die Tornado-Nachfolge.

Es ist korrekt, dass auch eine schwarz-gelbe Bundesregierung eine Abkehr von der nuklearen Teilhabe in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hat. Wer hierauf verweist, vergisst jedoch: Seit 2009 hat sich die Welt dramatisch verändert. Russland hat die Krim völkerrechtswidrig annektiert, es folgte eine militärische Intervention im Donbass, das Budapester Memorandum wurde gebrochen und die Charta von Paris verabschiedet. Durch die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten wurde die transatlantische Partnerschaft auf vielen Ebenen zum Unsicherheitsfaktor, nicht zuletzt wegen des Endes des INF-Vertrages. Würde Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt die nukleare Teilhabe beenden, wäre ein deutlicher Verlust an Einfluss auf die Atomstrategie der Nato die Folge. Dies gilt insbesondere auch bei Fragen der Abrüstung.

Die Umfrage ist vorbei: so haben unsere Leser abgestimmt!

Atomwaffen raus aus Deutschland?

Pro und Contra: 2010 hat der Bundestag fraktionsübergreifend für einen Abzug der US-Atomwaffen aus dem Bundesgebiet gestimmt – dennoch lagern diese Waffen noch immer im rheinland-pfälzischen Büchel. Nun hat die SPD erneut eine Debatte darum angestoßen. Sollten die Nuklearwaffen aus Deutschland abgezogen werden?
122 x Ja, das erhöht unsere Sicherheit!
12 x Nein, das wäre unverantwortlich!
insgesamt abgegebene Stimmen: 134
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Wolfgang Sutter 23.06.2020, 14:41 Uhr:
Militärstrategisches Denken blockiert die Suche nach Frieden und Verständigung. Ich kann solche Positionen trotz guten Willens nicht nachvollziehen. Eine Erklärung: Verdrängte panische Angst. Ein Fall für den Arzt/Ärztin.

Georg Lechner 18.06.2020, 17:29 Uhr:
Äußerst aufschlussreich ist, was Emily Haber, Botschafterin Deutschlands in den USA, bei einer Videokonferenz des Think Tanks Council on Foreign Relations sagte.
Salopp formuliert: US-Truppen sind nicht dazu da, Deutschland zu verteidigen. Sie sind da, um die transatlantische Sicherheit (also US-Interessen) zu verteidigen. Sie sind auch da, um amerikanische Macht in Afrika, in Asien zu projizieren.
Mensch darf wohl davon ausgehen, dass sie das mit Rückendeckung der Regierung Merkel sagte.

Gerlinde Mauerhöfer 02.06.2020, 13:14 Uhr:
Die ganzen Standorte der USA in Deutschland bzw. Europa sollten mit der Zeit geschlossen werden. Deutschland sollte Vorreiter für ein
neutrales und blockfreies Europa werden. Das geht bestimmt nicht
sofort, sollte aber eine Zukunftsvision für politisches Handeln
sein.

gisa luu 01.06.2020, 10:27 Uhr:
Ja, danke für diese Umfrage!
Seit Jahrzehnten setze ich mich für die Überwindung des Atomwaffen-Wahns ein; diese Atomwaffen aus Büchel müssen endlich fortgeschafft werden und Deutschland muss endlich dem Atomwaffenverbotsvertrag der UNO (vom 7.7.2017) beitreten - und im Rahmen des Konzeots "Sicherheit neu denken" sollen wir alle Kraft für zivile Konflikt-Prävention einsetzen und für Vertrauen zu den Menschen - der Geist des Pfingstfestes wird uns helfen!

Hanna Leinemann 01.06.2020, 05:36 Uhr:
Zu aller Argumentation aus vorhergehenden Kommentaren: Ich empfinde es als aufschlußreich, aber äußerst enttäuschend, daß es Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP, so schnurz ist, daß die FDP vor zehn Jahren einen Beschluß im Bundestag mitgetragen, selbst in den Koalitionsvertrag geschrieben, aber nie auch nur versucht hat, ihn umzusetzen. Man hat die Zeit einfach verstreichen lassen und versäumt, in einer offenen Debatte das Für und Wider darzulegen. Es wird dringend Zeit für diese Debatte.

anne correnz 31.05.2020, 20:44 Uhr:
Die Erkenntnisse nach dem Ende des Kalten Krieges Zeigen - Mitteleuropa wäre Ziel von Atomwaffen von beiden Seiten geworden.Eine CDU Vtg- Ministerin fällt auf die idiotischen Ideen irgendwelcher Luftwaffenstrategen herein, die atomwaffenfähigen Kampfflugzeuge verlangen.An den Verteidigungs- oder Angriffszielen Russlands, USA oder Chinas wird sich auch nichts geändert haben. Wir sind die unmittelbar Betroffenen.

,Agnes Vogel  31.05.2020, 13:40 Uhr:
Und wo würde das Szenario stattfinden? Reichen die Geschehnisse von Tschernobyl und Fokushima eigentlich noch nicht, um zu erkennen: Atomwolken machen nicht an den Grenzen halt.
Nicht aus dem Auge lassen darf man auch die Tatsache: eine Atombombe in Büchel hat die Sprengkraft von einem vielfachen der Hiroshima Bombe- davon lagern 20 Stück in der Eifel!

Georg Lechner 31.05.2020, 11:15 Uhr:
Analog zum Bibelwort "Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen" gilt klarerweise, dass ein Stationierungsort von Atomwaffen das bevorzugte Ziel eines gegnerischen Angriffs ist, sowie es im 2. WK die Erzeugungs- und Verteilzentren von Waffen und deren Vorprodukten (Stahl) waren. Es ist auch ein wichtiges Signal gegen das westliche Säbelrasseln (Weißbuch der Bundeswehr von 2016; Publik-Forum berichtete damals). Wir brauchen Geld für eine klimagerechten Wirtschaftsankurbelung statt für Rüstung, noch dazu, wo die Bereitschaft des politischen Establishments fehlt, die Lehren aus den Panama-Papers zu ziehen und mit internationaler Kontentransparenz die Steuerschlupflöcher auszutrocknen.

Peter Kobert 31.05.2020, 08:07 Uhr:
Frau Strack-Zimmermann ist auf einem Auge komplett blind. Sicherlich stimmen ihre Aussagen bezüglich Russland. Die Krim ist nach aktueller Lage völkerrechtswidrig annulliert worden. Man sollte aber auch zurück blicken , wann , wie und warum die Krim zur Ukraine kam. Wenn sie dann das blinde Auge öffnet, dann sieht sie , dass sie sich bei der Abhängigkeit von einer Nation mit einem unberechenbaren Präsidenten in viel gefährlicheren Regionen bewegt. Sie sieht auch nicht die völkerrechtswidrigen Operationen Israels . Diese werden von einem Präsidenten eines Landes , das praktisch die Führung der NATO darstellt, ohne Absprachen unterstützt . Die USA haben durch den Irak Krieg und die daraus entstandenen Folgen mehr Leid und Schaden angerichtet als die andere Seite. Hinzu kommen die eindeutigen Souveränitätsverletzungen der USA in der Vergangenheit weltweit . Einer Nation mit einem wirren Präsidenten können wir unsere Sicherheit nicht anvertrauen .



Eva Knauf 31.05.2020, 05:35 Uhr:
Wir sind keine Erfüllungsgehilfen der Amis,und erst recht nicht eines unberechenbaren Idioten. Deutsche Flugzeuge dürfen keine Atomwaffen transportieren (zu welchem Zweck denn wohl?)

Gerhard Loettel 30.05.2020, 09:58 Uhr:
Es ist ja wohl das Unverantwortlichste und Unsinnigste was diese Dame Strack-Zimmermann da von sich gibt. Will sie das Lebensrecht und das Lebensumfeld unserer Enkel verbrennen? Selbst wenn man mal Russland zuschiebt – nicht als Folge der Einkreisung durch die Nato in der Krimfrage gehandelt zu haben- sondern aus geopolitischem Machtstreben, dann sollte diese Dame doch angefragt werden, ob sie es somit für richtig hält , dem mit „Atomstrategie“ oder nach Trump mit „neuen kleineren Atomwaffen, die in Europa früh und flexibel eingesetzt werden sollen“ zu begegnen? Will sie den Atomkrieg, der ja dann totsicher in einen strategischen atomaren Weltkrieg einmündet? Das wäre das Ende der Menschheit auf dem nicht mehr lebentragenden Planeten Erde!

Insa Geppert, Eschwege 29.05.2020, 17:56 Uhr:
Wer den Befehl zum Einsatz von Atomwaffen gibt oder ausführt, ist ein Unmensch. Auch ohne einen solchen Befehl kann durch Versehen oder terroristische Absicht Schlimmes passieren, wenn atomare Waffen gelagert sind. - Hat die Weltgemeinschaft nicht schon manchmal eine Kriegswaffe geächtet, sich also auf den Nichteinsatz geeinigt? Warum geht das nicht mit atomaren Waffen? (Oder - noch besser - mit Kriegswaffen überhaupt?) Was nicht eingesetzt wird, muss auch nicht gelagert werden!

Dieter Wittmann 29.05.2020, 16:03 Uhr:
Wer hat denn Befehlsgewalt über diese Atomwaffen, die in Deutschland lagern? Doch der amerikanische Präsident! Unser Einfluss - gerade unter einem Präsidenten Trump - ist gleich Null.
Hätten wir unter einem anderen Präsidenten mehr? - Ich bezweifle das.

Dieter Wittmann, Freising

Denno 29.05.2020, 15:56 Uhr:
Es ist von Frau Strack-Zimmermann äußerst naiv zu glauben, dass die Amerikaner die Deutschen in irgend einer Form überhaupt "mitreden" lassen. Die nukleare Teilhabe ist ein völlig überholtes Konzept aus Zeiten des kalten Krieges.

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