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... Publik-Forum lebt

vom 19.11.2011
Am 19. November 1971 wurde die Wochenzeitung Publik mit der Schlagzeile »Publik ist tot« zu Grabe getragen. Beerdigt hatte sie die Deutsche Bischofskonferenz. Doch die Kirchenmänner rechneten nicht mit der Energie der Leser und der eines mutigen Redakteurs

Die katholischen Bischöfe hatten mit Publik eine liberale, kritische und wertorientierte Wochenzeitung neben der Zeit etablieren wollen. Publik hatte in kurzer Zeit großes Ansehen und bei manchen Themen auch eine Marktführerschaft errungen, wäre aber noch auf mittlere Sicht zu subventionieren gewesen.

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Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hatte sich der Wind jedoch gedreht. War Publik Ausdruck des weltoffenen, dialogischen Denkens – das durch das Konzil bis in die Bischofskonferenz vorgedrungen war –, begann Anfang der 1970er Jahre jene innerkirchliche Gruppe aus Kurienkardinälen, Bischöfen, Priestern und Laien Fuß zu fassen, die mit Weltoffenheit, Dialog, einer Weiterentwicklung der christlichen Glaubenslehre und gesellschaftspolitischer Einmischung im Sinne von Befreiung und Option für die Armen nichts zu tun haben wollte. Im Gegenteil: Diese Gruppe wollte vor das Konzil zurück. Harald Pawlowski, damals Redakteur bei Publik, empfand deutlich: »Jetzt ist das Konzil tot.«

Der Siegeslauf der innerkirchlichen Reaktion beginnt...

Subventionsbedarf und innerkirchliche Wende machten Publik schließlich den Garaus. Dafür subventionierte die Kirche dann den stramm konservativ-katholischen Rheinischen Merkur. Der Siegeslauf der innerkirchlichen Reaktion begann, bis ein Papst Benedikt XVI. daraus hervorging.

Trauer, Ärger und Empörung im kritischen Katholizismus, in den liberalsozialen Laienverbänden und bei zahlreichen Lesern und Leserinnen waren groß. Da beschlossen wenige mutige Menschen, die Sache in die Hand zu nehmen und Publik »von unten« neu in Gang zu setzen. Aus Empörung wurde Engagement.

... und die Bischöfe geben den Titel nicht frei

Den Titel gaben die Bischöfe nicht frei. Und so wurde Publik-Forum erfunden. Es startete 1972 mit 7000 Abonnenten und zwölf Seiten. Gründungsredakteur wurde Harald Pawlowski, die ersten Herausgeber Heinz-Wilhelm Brockmann und Werner Schwaderlapp. Die Leserinitiative Publik e.V. organisierte Jochen Töller. Aus diesem Anfang wurde eine Erfolgsgeschichte mit 40.000 Abonnenten Mitte des letzten Jahrzehnts und mit konstant etwa 100.000 Leserinnen und Lesern.

So gibt es also guten Grund, zu feiern und selbstbewusst zu sein. Im kommenden Jahr werden bundesweit Veranstaltungen stattfinden, deren Termine und Orte ab 2012 auf Publik-Forum.de und in Publik-Forum bekannt gemacht werden. Und aus der Ausgabe 3/2012 wird voraussichtlich ein Jubiläumsheft der besonderen Art werden.

Publik-Forum: Das ist mehr als »Publik« mit anderen Mitteln

Heute ist Publik-Forum eine ökumenische Zeitschrift. Nach wie vor stark sind die Bereiche Gesellschaft und Politik sowie Religion und Kirchen vertreten; inzwischen aber auch Spiritualität und Lebenskunst einerseits, Wissen und Ethik andererseits. Die Zeitschrift wird weiterhin von der Leserinitiative Publik e.V. getragen, ist wirtschaftlich völlig unabhängig und eine besondere Stimme im Konzert der Medien, die auch in vielen anderen Redaktionen gehört und gelesen wird.

Für die Kirchen selbst – vor allem für die römisch-katholische – ist Publik-Forum bis heute der Eckstein, den die innerkirchlichen Bauleute beim Bau eines zukunftsorientierten Christentums verworfen haben, um die alten Bauten zu restaurieren. Doch der Eckstein existiert weiter: in einer Welt, die die Entwicklung eines zeitgemäßen, offenen, spirituell verwurzelten und sozial engagierten Christentums braucht. Nicht um des Christentums als Christentum willen. Sondern weil das christliche Erbe eine Quelle ist, aus der Menschen für ihre Arbeit an einer sozial gerechten, ökologisch lebendigen und von aktiver Liebe geprägte Welt schöpfen. Weil Publik tot ist, gibt es dafür Publik-Forum.

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Werner Rathgeb 29.08.2012:
Ich gratuliere Publik-Forum zur erreichten Tiefgründigkeit und Beständigkeit.