Differenzierungen gegen ideologische Urteile

»Wer beginnt über das Problem der Mafia nachzudenken, riskiert, in den Strudel der ideologischen Überladung des Themas zu geraten«, mahnt der sizilianische Politikwissenschaftler Salvatore Lupo zu Recht. Dem will er entgegenwirken und versucht eine typologische Begriffsklärung anhand historischer Beispiele. Mit der Unterscheidung zwischen Vormafia, alter Mafia und neuer Mafia liefert er eine historische Gliederung mafiöser Erscheinungsbilder im gesellschaftlichen Wandel vom Feudalismus über die bürgerliche Industrialisierung zur globalen Informationsgesellschaft. Mit seiner historisierenden Typologie schreibt er zwar keine lineare Geschichte der Mafia, wie der Titel vermuten lässt, erhellt aber die dunklen und komplexen Interaktionen zwischen offizieller Politik, Justiz, Polizei, Kirche, wirtschaftlichen Interessensgruppen, öffentlicher Meinung und Banditentum. Seine erhellende und kenntnisreiche Begriffsklärung ermöglicht ein besseres und genaueres Verständnis der Mafia als gesellschaftspolitisches Phänomen und Problem. Er ermöglicht damit auch den richtigen Gebrauch des schillernden Wortes »Mafia«, besonders wenn man damit Wirtschaftskriminalität und internationales Banditentum im Allgemeinen ohne spezifisch sizilianischen Hintergrund meint.