»Weise Männer« und militärischer Drill

Der Franziskanerpater Richard Rohr gehört zu jenen männerbewegten Theologen, die das traditionsreiche Ritual der Initiation junger Männer für die heutige Zeit fruchtbar machen wollen. Der US-Amerikaner hat die Initiationsriten der »primitiven« Völker und Kulturen studiert und stellt in diesem Buch die Grundelemente dieses Rituals dar, verknüpft mit Einsichten des christlichen Glaubens - wobei die Kirche in ihrem heutigen Erscheinungsbild gar nicht gut wegkommt. Rohr ist davon überzeugt, dass Männer durch andere »weise« Männer ins Mannsein eingeführt werden müssten. Rohr setzt auf die magische Kraft von Symbolen, Bildern und Ritualen (und eben auch der Sakramente). Der Ordensmann bewegt sich bei seinem Plädoyer auf einem schmalen Grat. Denn er setzt sehr auf Autorität, Hierarchien, Disziplin und Entbehrung (was ihn etwa den Drill beim Militär loben lässt); gleichzeitig plädiert er für Gewaltfreiheit, Engagement für die Armen (was ihn Martin Luther King und Nelson Mandela als Vorbilder feiern lässt) und einen einfachen Lebensstil in alternativen Gemeinschaften. »Konservative« wie »Liberale« (= Linke) bekommen gleichermaßen ihr »Fett« ab. So bleibt man als Leser nachdenklich, durchaus inspiriert, aber mitunter auch irritiert zurück.